Karl Pfeifer

Antiisraelische Agitation von der Republik toleriert?

Andreas Unterberger, Chefredakteur der amtlichen Wiener Zeitung, bot Anfang dieses Jahres Herbert Schaller, der enge Kontakte zur Neonaziszene pflegt und der knapp zuvor noch an der Holocaustleugner-Konferenz in Teheran teilnahm, die Möglichkeit, uns Holocaustleugnung als zulässige Meinung einzureden. Da Andreas Unterberger dies tun konnte und sah, dass sein Arbeitgeber - die Republik Österreich, deren Politiker sich mit der NS-Gesetzgebung im Ausland brüsten - dies toleriert, dachte er wohl, dass er auch Propaganda gegen den Staat Israel bringen kann. Solche Kommentare bedienen den sekundären Antisemitismus und werden - wenn es nicht zu grob und direkt ist - auch noch preisgekrönt.

Und so publizierte die Wiener Zeitung am 6. 6. 2007 (1) einen Gastkommentar von Wolfgang Freisleben, der es in sich hat. Zum Kommentator heißt es dort: "Wolfgang Freisleben ist Autor des Buches 'Das Tor zur Hölle. Israels Gewaltpolitik im Kolonialkrieg um Palästina'". Vor einem Jahr rezensierte ich dieses Buch und kann aus langjähriger Erfahrung sagen, selten eine derartig durchgehende antiisraelische Schmähschrift gelesen zu haben. (2) Auch Freislebens Kommentar mit dem sinnigen Titel "Angriffskrieg oder Landraub?" strotzt nur so von Sachfehlern und unbewiesenen Behauptungen.

Israels Botschafter Dan Ashbel meinte in einem Gespräch mit mir, der Autor habe das, was in den paar Wochen vor dem 5. Juni 1967 passierte, ausgeblendet: "Das Schließen der Wasserstraße von Tiran im Roten Meer, Israels einzigem Weg in den Süden, der Verweis der UN Truppen aus dem Sinai, beides von Ägypten unternommen, das Abkommen zwischen dem ägyptischen Präsidenten und dem jordanischen König, gemeinsam gegen Israel vorzugehen, und die Konzentration von ägyptischen und syrischen Truppen im Sinai und auf dem Golan oder die lauten Aufrufe in Kairo und Damaskus, endlich die 'Schande' (nämlich die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948) zu beseitigen." Zu den Zahlen, die der Autor angab, äußerte Botschafter Ashbel: "Nirgends, auch nicht in der arabischen Propaganda, wird man die Zahlen, die Herr Freisleben bringt, wieder finden. Eine Mischung von frei erfundenen Zahlen mit schlechter arithmetischer Leistung. Weder die Zahlen noch ihre Addition stimmen."

Freisleben schreibt: "Auch die Behauptungen über eine Bedrohung seitens der Araber waren ebenso frei erfunden wie 1948, als die jüdischen Terrororganisationen mit Waffengewalt und Massakern bereits 750.000 Menschen aus ihrem Land vertrieben hatten." Was Wolfgang Freisleben dabei nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass die UNO es war, welche am 29. November 1947 die Teilung des britischen Mandatsgebietes beschloss, dass die jüdische Seite dies akzeptierte und dass es die arabischen Armeen waren, die Israel mit dem Ziel es zu vernichten am 15. Mai 1948 angegriffen haben. Und dass Hunderttausende Araber und Zehntausende Juden aus Gebieten flohen, in denen gekämpft wurde. In Israel blieben 150.000 Araber, im ägyptisch besetzten Gazastreifen und in der jordanisch besetzten Westbank einschließlich der Altstadt mit dem größten jüdischen Heiligtum - der Klagemauer - durfte kein Jude wohnen bleiben.

Wer solches liest und schon immer gewusst hat, dass Israel aus reiner Bosheit Gewalt gegen Palästinenser - die keinem etwas zuleide tun - anwendet, wird seine Meinung bestätigt finden, dass es kein Verbrechen gibt, dessen sich Israel nicht schuldig macht. Die komplexe Realität des israelisch-arabischen Konflikts nimmt Freisleben nicht zur Kenntnis, denn er dämonisiert den jüdischen Staat mit einer Heftigkeit und Emotionalität, die auf sekundären Antisemitismus hinweisen.

Beim sekundären Antisemitismus, wie er in den Gastkommentaren von Schaller und Freisleben zum Ausdruck kommt, handelt es sich um eine für Deutschland, Österreich und einige andere Länder spezifische Form des Antisemitismus. Er ist durch die Relativierung, Verharmlosung, Aufrechnung und in besonders aggressiver Form durch die Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen an den europäischen und nordafrikanischen Juden charakterisiert. Der sekundäre Antisemitismus geht meist mit einer Täter-Opfer-Umkehr einher, die ihrerseits wiederum auf älteren antisemitischen Stereotypen gründet: Mittels ihrer weltweiten Macht (Weltverschwörung) würden die Juden ihren Opferstatus geschickt ausnutzen (Gerissenheit), um finanzielle, politische und moralische Vorteile (Geldgier) zu erlangen. Sie würden sich zum Weltgewissen aufspielen und sich dadurch gegen Kritik immunisieren (Israelkritik). Nicht fehlen darf bei Freisleben der obligate Hinweis auf die "Macht der Israel-Lobby in Washington", aber er bemüht auch jüdische Kronzeugen für seine Pauschalurteile, die in Israel und Europa gegen die Politik Israels protestieren und marschieren. In Israel waren es ein paar hundert Leute, die demonstriert haben, und in Europa kleine Grüppchen, die aber bei Freisleben zu "empörten jüdischen Friedensbewegungen" mutieren. Damit lenkt er ab von der Mehrheit der Israeli, die eine Zwei-Staaten-Lösung und Frieden haben wollen.

Hoffentlich wird die Verharmlosung der Holocaustleugnung durch Schaller und nun die vollständige Verdeckung der Realität durch Freislebens Propaganda, der man auf Anhieb ansieht, dass sie eine ist, zu einer Reaktion des Zeitungsinhabers - der Republik Österreichs - führen. Die Publikation von Verständnis für Holocaustleugnung und antiisraelischer Propaganda im Amtsblatt der Republik Österreich kann nicht mit "Meinungsfreiheit" begründet und erklärt werden.



Anmerkungen

1) http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4445&Alias=wzo&cob=287397

2.) www.adf-berlin.de/wbb2/thread.php?postid=3711

http://www.hagalil.com/archiv/2006/03/freisleben.htm


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