"Kontrapunkt" zur AIK-Unterstützungserklärung

Nach dem "offenen Brief" vom 12. Juni, in welchem 65 Personen - mehrheitlich Kader und AktivistInnen der KPÖ - gegen die Kritik an der Antiimperialistischen Koordination (AIK) protestierten (siehe: AIK-Unterstützungserklärung »), wurde nun eine öffentliche Gegenaktion gestartet. Wir dokumentieren im Folgenden die Stellungnahme, welche ebenfalls von zahlreichen KPÖ-AktivistInnen unterzeichnet wurde. Weitere Unterstützungserklärungen können unter der angegebenen e-mail-Adresse (kain.freis@reflex.at) abgegeben werden.


Kein Freispruch - niemals!

Wir wollen mit dieser Stellungnahme einen Beitrag zur Diskussion um "Antisemitismus in der Linken" leisten und bewusst einen Kontrapunkt zum "Offenen Brief an das DÖW betreffend Aussendung des DÖW 'Die antiimperialistische Koordination (AIK) - Antisemitismus im linken Gewand'" setzen. (Informationen »)

1) Wir halten die im "Offenen Brief ..." am Vorgehen des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes in Bezug auf die Entwicklung und Positionierung der AIK (Antiimperialistische Koordination) vorgebrachte Kritik für unangebracht und bedenklich. Es ist eine der Aufgaben des DÖW auf bewusste und unbewusste antisemitische Tendenzen öffentlich hinzuweisen. Egal wie man zur geäußerten Form der Kritik steht (diese wird von uns hier nicht beurteilt), so ist sie jedenfalls inhaltlich wertvoll. Selbst die unmittelbar Kritisierten sollten dankbar sein, da Kritik für sie, wenn sie ihr "Links-Sein" ernst nehmen, einen Ansatz zur Weiterentwicklung darstellen sollte.

2) Geradezu kurios mutet an, wenn nicht Kritisierte sich selbst in die Kritik des DÖW hinein reklamieren, indem sie behaupten "jeder der Israel kritisiert würde vom DÖW als antisemitisch bezeichnet". In der Distanzierung von der Position der AIK, in der Auflistung eigener Biographien, abgerundet durch ein Zitat eines israelischen Wissenschafters und Friedensaktivisten, der ungefragt als Kronzeuge für den Brief herangezogen wird (das Zitat spricht jeder Form der Kritik an Israel einen Freibrief als Dienst am "israelischen Volk" aus), wird die eigene Erhabenheit über befürchtete Vorwürfe belegt. Es verkommt zur Floskel, wenn Linke darauf hinweisen, dass sie sich "immer gegen Antisemitismus, Faschismus und Rassismus eingesetzt" haben, und zugleich dem DÖW die Berechtigung absprechen, auf antisemitische Tendenzen - auch in der Linken und auch bezüglich Äußerungen zum Nah-Ost-Konflikt - hinzuweisen.

3) Die Sehnsucht durch die Selbstdefinition als Linke oder KommunistInnen ein für alle Mal vom Vorwurf des Antisemitismus freigesprochen zu sein, muss insbesondere für Deutsche und ÖsterreicherInnen unerfüllt bleiben.

4) Während in Österreich die Debatte um die Finanzierung der jüdischen Kultusgemeinde und in Deutschland die Debatte um Friedman die schlummernde Wucht antisemitischer Ressentiments sichtbar werden ließ, machen sich Linke selbstmitleidig Sorgen darüber, ihr Recht auf Kritik an der Regierung Israels verteidigen zu müssen, obwohl sie deswegen gar nicht angegriffen wurden.

5) Es muss für Linke und KommunistInnen unumstritten bzw. klar sein, die Zusammenarbeit mit Gruppen zu verweigern, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen oder die - wie die AIK - sich sogar zu Holocaustleugnern und Revisionisten bekennen. Kritik an der Regierungs- und Besatzungspolitik Israels muss immer und ganz konkret im Zusammenhang mit diesem Tabu gesehen werden. Linke müssen - gerade in den Nachfolgestaaten des Dritten Reichs - in ihrer antifaschistischen Tradition jeder Kritik eine Absage erteilen, die der historischen Legitimation Israels nicht Rechnung trägt. Vor dem Hintergrund des Holocaust kann dieser Staat nicht nur nicht wie jeder andere beurteilt werden, Kritik an israelischer Politik in ihrer historischen wie aktuellen Widersprüchlichkeit ist einer der Prüfsteine für emanzipatorische Staats- ebenso wie Kapitalismuskritik.

6) Wir unterstützen das DÖW in seiner Bemühung unermüdlich antisemitische Tendenzen aufzudecken ohne Einschränkungen - auch und gerade wenn es dabei um Linke geht - und ersuchen die MitarbeiterInnen weiterhin um antifaschistische Hegemonie in Österreich zu kämpfen. Den Dialog, zu dem die UnterzeichnerInnen besagten Briefs sich bereit erklären, nehmen wir mit dieser Entgegnung als Aufforderung zur Fortsetzung der Debatte an.

7) Wir fordern den Bundesvorstand der KPÖ auf, sich zum offenen Brief an das DÖW, welcher von einer größeren Anzahl von GenossInnen unterzeichnet wurde, zu äußern und eine klare Position einzunehmen.

Bisherige UnterzeichnerInnen:

Anja Danneberg, LO Wien
KurtO Wendt, GO Dogma
Manfred Bauer, LO Wien
Lilo Daubrawa, BO 05
Waltraud Fritz-Klackl, BO 03
Franz Schäfer, GO Dogma
Günther Hopfgartner, ARGE Junge GenossInnen
Markus Zingerle, GO Dogma
Roland Hochstoeger, BO Linz Mitte
Sylvia Köchl, ARGE Junge GenossInnen
Severin Brunner, BO Linz Mitte
Roland Starch, GO Dogma
Katarina Ferro, BO 05
Marcus Ebner, BO Linz Mitte
Astrid Jurjans, BO 05
Gabriele Nadeje, BO 22
Hans Girlinger, BO 03
Andrea Gruber, BO Linz Mitte
Wolf G. Jurjans, BO 05
Adolf Rötsch, Wien
Michael Schmida, Linz
Ester Font Bardolet, Wien
Nora Hermann, GO Dogma
Iris Prader, Wien
Franz Fend, BO Linz Mitte
Christoph Stross, GO Dogma
Roman Gutsch, BO 05
Konstantin Putz, BO Linz Mitte
Kurt Kraler-Bergmann, BO 05
Heinz Farasin, BO 05
Karoline Rumpfhuber, Redaktion Fiber
Gabriela Bone, BO 05
Karina Korecky, LO Wien
Bettina Haidinger
Stefan Vater, LO Wien
Peter Pehl
Alexander Schürmann-Emanuely, gf. Red. Context XXI
Rosemarie Ortner
Heidelinde Hammer, Context XXI
Mirko Messner, Klagenfurt/Celovec
Sabine Sölkner, GO Dogma
Christian E. Köberl
Renate Zingerle, GO Dogma
Peter Zwielehner, GO Ried
Martin Just, BO 05
Ingo Lauggas, Redaktion Malmoe
Kati Morawek
Mattheus Zinner, ARGE Junge GenossInnen
Günter Ulrich, Wien
Doris Schlager, ARGE Feminismus
Jakob Weingartner, Wien
Stefan Ried, Gruppe Narrenfreiheit
Bernhard Wernitznig, BO Klagenfurt/Celovec
Rudi Hieblinger, GLB Büchereien
Bernhard Weidinger, St. Michael/Lungau
Judith Götz, zukünftige LT-Abgeordnete der KPÖ in Koroska


Weitere Unterstützungen bitte an kain.freis@reflex.at.


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