AIK und Holocaustleugnung: (K)eine Distanzierung
Kurz nach der Veröffentlichung des Beitrages von Karl Pfeifer mit dem Titel
Antiimperialistische Koordination (AIK) verteidigt Gaskammerleugner in verschiedenen Internet-Foren reagierte die
AIK und nahm den Aufruf für Dr. Alloush wieder von ihrer Homepage. In der Erklärung dazu
heißt es u. a.:
"Jetzt, da uns die revisionistischen Aussagen des Dr. Alloush bekannt sind, stehen wir nicht an,
den Beitrag sofort und mit entsprechenden begleitenden Maßnahmen zu entfernen. Es kann
nicht angehen, dass die fortschrittliche, antifaschistische und den mörderischen Imperialismus
opponierende Haltung der AIK mit Leuten assoziiert wird, die den ungeheuerlichen Völkermord
des Nazismus als 'Mythos' bezeichnen müssen, um ihre eigene Einstellung zu rechtfertigen.
Hiermit entschuldigen wir uns bei allen Opfern dieser Vernichtungsmaschinerie für unseren
Irrtum, den wir hoffen mit dieser Erklärung auszugleichen. [...]
Mit Revisionisten haben wir nichts gemein und wir werden den verbrecherischen Äußerungen
dieser Ideologie keinen Boden bieten. Dies stellen wir unmissverständlich fest.
Es muss festgehalten werden, dass es darum ging die eklatante und brutale Missachtung der
elementarsten Menschenrechte und die freie [sic!] Meinungsäußerung in Zusammenhang mit
Irak und Intifada durch das jordanische Regime, die unter anderen auch Dr. Alloush zu spüren
bekam, aufzuzeigen. Diese Missachtung und Repression kümmert sich nicht darum, ob jemand
Revisionist ist oder nicht, sondern richtet sich gegen jeden, der sich mit der Intifada solidarisch
erklärt oder gegen die US-Hegemonie ausspricht. [...]
Als ein solches Opfer von Willkür eines Regimes haben wir Dr. Ibrahim Alloush verteidigt.
Aber als Revisionist hat er auf einer aufrichtigen antiimperialistischen Seite nichts verloren.
Daraus haben wir die entsprechenden Schlüsse gezogen und den Beitrag entfernt."
Was die AIK einen "Irrtum" nennt, hat in Wahrheit System: die zunehmende Grenzverwischung
zwischen internationalem Neonazismus und arabischem Nationalismus/politischem Islam (Vgl.
Anton Maegerle, Heribert Schiedel: Krude Allianz. Das arabisch-islamistische Büündnis mit
dem Rechtsextremismus ») Aber der Hass auf Israel macht blind, auch gegenüber dem
antisemitischen Gehalt im suicide bombing, welches als "Widerstand" gefeiert wird. Wer wissen
will, wie sehr befreiungsnationalistische und islamistische Diskurse im arabischen Raum sich
mit "revisionistischen" oder antisemitischen Diskursen überschneiden, könnte sich
demgegenüber zum Beispiel auf www.memri.de kundig machen.
Wie ernst es die AIK mit ihrer Distanzierung von Alloush meinte, lässt sich auch daran ablesen,
dass der inkriminierte Beitrag nur in der deutschen Version entfernt wurde, während er in
englischer Sprache weiter abrufbar ist. Darüber hinaus finden sich auf der AIK-Homepage
weitere Texte von/über Alloush und auch ein Link zu seinem antisemitischen Hetzblatt Free
Arab Voice.
Aber mittlerweile hat die AIK ihre Position auch öffentlich wieder revidiert - diese sei nämlich
"eurozentristisch". In einer am 1. Juli veröffentlichten Erklärung betont man, nach längerer
Debatte nun doch wieder offen solidarisch mit dem Holocaustleugner sein zu wollen. Denn
Alloushs "Beweggründe" und "Ziel" seien "vollkommen andere als jene der europäischen
Revisionisten". (Dass er mit diesen aufs Engste kooperiert, verschweigt die AIK.) Weil die
"Zionisten" mit dem Holocaust ihr "Recht auf Palästina" begründen würden, werde dessen
Leugnung seitens arabischer Nationalisten geradezu zur antizionistischen Pflicht. Da die
"Araber [...] für den Holocaust" nicht verantwortlich seien, dürften sie ihn auch in Abrede
stellen. In ihrer ersten Reaktion stellte die AIK noch "unmissverständlich fest", dass sie mit
"Revisionisten [...] nichts gemein" habe und "den verbrecherischen Äußerungen dieser Ideologie
keinen Boden bieten" wolle. Nun schränkt man die Gültigkeit dieser Abgrenzung also auf
europäische Neonazis ein.
Aber auch diese begründen heute ihren Amoklauf gegen die historische Wahrheit mit dem
Kampf gegen Israel. So heißt es in einem Flugblatt, das der unlängst verhaftete
Holocaustleugner Wolfgang Fröhlich im Frühjahr 2002 verschickte: "Wann wird die islamische
Welt endlich erkennen, dass der Landraub der Juden im Nahen Osten und deren barbarischer
Völkermord an den Palästinensern vor der Welt mit dem GASKAMMER-HOLOCAUST-
SCHWINDEL begründet und gerechtfertigt wird?" Und der nach Spanien geflohene Neonazi
Gerd Honsik schrieb bereits 1986 in seinem "Aufruf an die arabische Welt": "Die Entlarvung
der Judenvergasung als dem größten Propagandaschwindel der Weltgeschichte [...] wäre heute
für zwei Nationen von ungeheurer Wichtigkeit! Für das deutsche Volk, um aus der Versklavung
zu erwachen, und für die arabische Welt, um Israels Aggressionskraft dort zu erschüttern, wo
diese Kraft tatsächlich entspringt. Nämlich in der Sympathie und dem Mitleid, die das verführte
amerikanische Volk seinen zionistischen Beherrschern entgegenbringt."
Will man sich mit (arabischen) Antisemiten gemein machen, muss man diese verharmlosen. So
räumt die AIK zwar ein, dass es "auch im arabischen Raum teilweise Feindschaft gegenüber
Juden gebe", aber diese sei "keinesfalls mit dem europäischen Antisemitismus zu vergleichen".
Überhaupt gehe zur Zeit "keine Gefahr" vom Antisemitismus, der vollständig auf seine
nationalsozialistische Artikulationsform reduziert wird, aus. Demgegenüber stelle der
"liberalistische Amerikanismus", der dem Nationalsozialismus ähnle, eine Bedrohung dar. Auch
bringt die AIK viel Verständnis für die arabische "Übernahme europäischer antisemitischer
Ideologeme" auf: An der Feindschaft, die ihnen seitens der "arabischen Bewegung"
entgegengebracht werde, seien die Juden und Jüdinnen selbst schuld, weil sie größtenteils Israel
grundsätzlich unterstützen. Die "arabische Befreiungsbewegung" tue sich auch deswegen so
schwer, "zwischen Juden und Zionisten" zu unterscheiden, weil Israel selbst diese
Unterscheidung "mit allen Mitteln zu verhindern sucht". Auch sei es die "Position der [...]
Schwäche der Widerstandsbewegung", welche die Übernahme "europäische[r] antisemitische[r]
Stereotype" nahe lege.
Weil die Erinnerung an das Leid der europäischen Juden und Jüdinnen im Kampf gegen Israel
und den Imperialismus nur störend ist, grenzt sich die AIK konsequenterweise von
AntifaschistInnen ab, für welche "der Holocaust noch immer Dreh- und Angelpunkt jeglicher
Politik ist". Die Parteinahme für einen Holocaustleugner wird also auch noch mit einer
antiimperialistisch verbrämten Forderung nach einem Schlussstrich verknüpft.