Karl Pfeifer
Weltstadt Wien: Hurra, wir kapitulieren
Als ich am Abend des 19. Februars einige pessimistische Bemerkungen von Henryk M. Broder über ein mögliches "Eurabia" hörte, dachte ich mir, dass er doch ein wenig übertreibt. Doch nur einen Tag später musste ich erfahren, dass wir tatsächlich auf dem besten Weg dorthin sind.
Broder hielt gestern vor einem bis zum Rand vollen Saal im Wiener Jüdischen Gemeindezentrum einen vom Herausgeber der Internetzeitung die jüdische (http://www.juedische.at) Samuel Laster moderierten Vortrag, der hoffentlich bald veröffentlicht wird. Er wurde im Namen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) von Generalsekretär Mag. Raimund Fastenbauer begrüßt, der u. a. darauf aufmerksam machte, dass von muslimischer Seite Einspruch gegen die Einladung von Broder gekommen sei, jedoch die IKG selbst entscheide, wer in ihrem Gemeindezentrum sprechen dürfe. Bemerkenswert war sein Hinweis darauf, dass - während die IKG gegen den fremdenfeindlichen, antitürkischen und antiislamischen Wahlkampf der FPÖ protestierte - von der Islamischen Gemeinde kein Protest zu hören war, als Vertreter des iranischen Regimes, dessen erster Mann den Holocaust leugnet, in Wien waren. Tatsächlich war es nicht das erste Mal, dass die von Herrn DI Tarafa Baghajati angeführte Initiative Muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ) gegen eine Veranstaltung protestierte, welche sich kritisch mit dem Islamismus auseinander setzt.
Weil ich interessiert war, Broder in einer ganz anderen Umgebung zu erleben, besuchte ich auch seinen Vortrag am 20. Februar in der Städtischen Bibliothek im XIV. Wiener Gemeindebezirk. Auch hier war der Raum voll. Ein Platz in der ersten Reihe war reserviert für Herrn Baghajati, der, nachdem Broder aus seinem Buch gelesen hatte, sich als erster Diskutant zu Wort meldete.
Baghajati hielt ein Koreferat, erzählte von seinen vier Kindern und wie wohl er sich in Österreich fühlen würde, um dann zu leugnen, dass er oder seine Initiative gegen Broders Vortrag in der Städtischen Bibliothek interveniert hätte. Es sollte sich herausstellen, dass er wieder einmal die Unwahrheit behauptet hatte.
Tatsächlich kam kurz vor Beginn der Veranstaltung von der zuständigen Magistratsabteilung (MA 13) die Weisung, doch auf dem Podium einen zweiten Stuhl für Herrn Baghajati hinzustellen, um aus einer Buchvorstellung eine Podiumsdiskussion zu machen. Die Leiterin der Bibliothek weigerte sich, dieser Weisung zu folgen. Dennoch wurde anhand dieses Interventionsversuches deutlich, dass die einfachen Regeln des Anstands und der Meinungsfreiheit offenbar für die Vertreter der Stadt Wien nicht bindend sind, die in vorauseilendem Gehorsam gegenüber selbsternannten Vertretern des Islam die angekündigte Vorlesung nicht haben wollten.
Diese Vorgangsweise der MA 13 bestätigt die ärgsten Befürchtungen von Broder, der sich mit Geduld und Gelassenheit die zum Teil sehr bedenklichen Aussagen einiger Diskutanten anhörte und – wo es möglich war – beantwortete. Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass am Ende der Diskussion der Träger der Viktor Adlerplakette der SPÖ, Prof. Rudolf Gelbard, auf die Doppelzüngigkeit von Herrn Baghajati aufmerksam machen musste.
Es schaut in Österreich offenbar nicht gut aus mit der Meinungsfreiheit, das weiß man auch aus den Urteilen des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes, denn kein anderes Land außer der Türkei wurde so oft wegen Verletzung dieser Grundfreiheit verurteilt wie Österreich. Nach der Veranstaltung gingen einige Zuhörer auf die Leiterin der Bücherei zu und bedanken sich für ihren Mut, die Veranstaltung - so wie angekündigt - durchzuführen.
Weit sind wir gekommen in Wien, dessen Politiker nicht müde werden zu betonen, dass wir hier in einer Weltstadt leben.
PS: Dass das Verhalten der MA 13 zudem Wasser auf die Mühlen der FPÖ ist, war anzunehmen. Tatsächlich hat es am 22. Februar der Wiener Landesparteisekretär Hans Jörg Jenewein (akademische Burschenschaft Silesia) zum willkommenen Anlass genommen, um einmal mehr gegen jede Multikulturalität zu Felde zu ziehen. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, die Kritik des Islamismus mit theoretischem und praktischem Antirassismus zu verbinden. Als Basis von beidem muss die Aufklärung dienen. Und mit der haben ja bekanntlich Rechtsextreme wie Islamisten so ihre Probleme ...