Kurt Schubert (4. 3. 1923 - 4. 2. 2007)

Kurt Schubert, Begründer des europaweit ersten Instituts für Judaistik (1966) und des Jüdischen Museums in Eisenstadt (1972), wurde 1994 aufgrund seines persönlichen Einsatzes gegen den Antisemitismus und seiner wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebiet als Erster mit der Josef-Samuel-Bloch-Medaille der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich ausgezeichnet. Nachfolgend ein Beitrag aus dem damaligen Mitteilungsblatt, in dem die Laudatoren Kardinal Franz König und die Zeithistorikerin Erika Weinzierl die Verdienste Schuberts hervorheben und auch der Geehrte zu Wort kommt.

Aus: Aktion gegen den Antisemitismus. Mitteilungsblatt Nr. 136/Juni 1994, S. 1 f.


Verleihung der Josef-Samuel-Bloch-Medaille der AKTION an Professor Kurt Schubert

Am 17. März 1994 wurde die neu geprägte Josef-Samuel-Bloch-Medaille der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich erstmals an Professor Kurt Schubert, den Gründer des Wiener Instituts für Judaistik, anläßlich seines 70. Geburtstages verliehen. Der Festakt in Anwesenheit des israelischen Botschafters im überfüllten Club Stephansplatz war eine Würdigung des lebenslangen akademischen und öffentlichen Wirkens des Jubilars im Sinne des Floridsdorfer Rabbiners Josef Samuel Bloch, der als Gründer der Österreichischen Wochenschrift und der Union österreichischer Juden sowie in seinen Prozessen gegen den Antisemiten August Rohling stets ein vorbildlicher Kämpfer für das Judentum und gegen den Antisemitismus war.

Kardinal Franz König dankte in seiner Laudatio Professor Schubert ganz persönlich für alles das, "was er als Mensch, als Professor und als ein Freund des Volkes Israel getan hat". Er hob dabei besonders das Institut für Judaistik hervor, das damals erste, das in Europa errichtet wurde, und das "so eng mit seinem Namen, mit seinen Plänen, mit seinen Vorlesungen, mit seinen Büchern, mit seinen Gesprächen, mit seinen Studenten verbunden war," und über das ihn immer besonders die Anziehungskraft, die es auf ausländische Studenten ausgeübt hat, freute. Dann dankte König Schubert auch für das jüdische Museum in Eisenstadt, für die Mitarbeit an der Wiener Diözesansynode, die sich zur Aufgabe setzte, die Grundgedanken des Zweiten Vatikanums über das Verhältnis der katholischen Kirche zu Israel praktisch umzusetzen und schließlich auch für seine einstige Mithilfe als Mitstudent am Orientalischen Institut. Kardinal König beendete diese besonders herzliche und persönliche Laudatio mit dem Satz: "Damit darf ich noch einmal sagen, wie sehr es mich freut, Professor Schubert als Mensch, als Religionswissenschaftler, der mit der Kirche und mit dem Christentum verbunden ist, für alles, das Sie getan haben, ganz herzlich danken zu dürfen."

Professor Erika Weinzierl hob in ihrer Laudatio besonders hervor, was für eine unglaubliche glückselige historische Stunde es in unserer österreichischen Geschichte und in der Geschichte unserer Kirche war, daß Schubert und König zusammen in dieser so entscheidenden und uns leider auch so belastenden Frage jeder auf seine Art unglaublich wirkungsvoll dem Antisemitismus entgegengetreten ist. Das sei in der Stadt Luegers ein wirklicher Durchbruch gewesen, für den wir beiden dankbar sein müßten. Dann erinnerte Weinzierl daran, daß das erste Memorandum der Aktion an die österreichische Bundesregierung in den sechziger Jahren unter anderen die Errichtung von judaistischen Lehrstühlen in Österreich forderte. Bundeskanzler Klaus war dafür, aber nach seiner Wahlniederlage war es zu spät und Weinzierl stellte die Frage, ob man nicht jetzt, trotz der Sparperiode, noch einmal diese Initiative aufgreifen sollte. Abschließend sagte sie, daß nicht nur der menschliche und freundschaftliche Kontakt, den sie stets mit Schubert hatte, wichtig war, sondern daß auch im fachlichen Kontakt der Zeitgeschichte die unendlich vielen judaistischen Forschungen so zugute gekommen sind.

So wie Weinzierl betonte, daß Schubert das Studium während der Nazizeit am Institut für Orientalistik ganz bewußt als Widerstand gegen den Nationalsozialismus wählte, so beschrieb der Geehrte selbst in seinen Dankesworten, daß für ihn damals die Beschäftigung mit dem Hebräischen die Auswanderung in ein inneres Ghetto bedeutete. Als es ihm dann als Mitglied des Reichsluftschutzbundes noch möglich war, tausende Bücher, die im Keller des früheren Rabbinerseminars lagen, zu retten und in das Orientalische Institut zu bringen, von wo sie später der Kultusgemeinde zurückgegeben wurden, hatte er auch Bücher für sein Studium zur Verfügung. Nach der Befreiung, als tausende jüdische Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Israel oder Amerika in die Wiener DP-Lager kamen, war das für ihn, wie er sagte, ein "Eldorado' und er begann dort, modernes Hebräisch, aber auch den Talmud, zu lernen. Gleichzeitig versuchte er, den Christen klarzumachen, daß Israel das erwählte Volk Gottes sei: "Hier sind die beiden Elemente in mir; ich kam als Christ zur Solidarität mit den Juden und bis heute ist meine Geborgenheit in der Kirche eine Selbstverständlichkeit und meine Liebe zum Judentum vergleichbar nur mit zwei Zahnrädern, die einander bewegen; die Dinge gehören unbedingt für mich zusammen." Dann beschrieb Schubert auch, daß ihm die Judaistik, die Wissenschaft, nie genug war, sondern daß er auch immer jüdische Kultur der Öffentlichkeit zeigen wollte und bis heute der Meinung sei, daß es die beste Waffe gegen den Antisemitismus sei, weniger vom Antisemitismus und mehr vom Judentum zu sprechen, also jüdische Kultur und jüdisches Wesen darzustellen. In diesem Sinne glaube er, daß sein Wunsch, das Judentum liebzumachen den Christen im Raum des engagierten Christentums weithin gelungen sei. Dank sagte Schubert nicht nur dafür, daß er als erster als christlicher Zionist und christlicher Kämpfer für das Judentum die Bloch-Medaille bekam, sondern er dankte auch seiner Frau Ursula, einer Spezialistin für jüdische Kunst, für die jahrzehntelange wissenschaftliche Zusammenarbeit. Ihre gemeinsame Arbeit geht weiter und Schubert endete: 'Wir verrichten eine Arbeit, die wissenschaftlich ist, die das Judentum darstellt und von der wir glauben, daß sie die beste Propaganda ist, das Judentum den Christen und anderen Völkern liebzumachen."

Die Josef-Samuel-Bloch-Medaille wurde Schubert von Elisabeth Orth, der Präsidentin der AKTION, verliehen. Mit ihr sollen in Zukunft je nach konkretem Anlaß auch andere Persönlichkeiten ausgezeichnet werden.

EA


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