Ein Antisemit blamiert die Antiantisemiten

Schon kurz nachdem die Universität Wien aufgrund der zu erwartenden Hetze eine Veranstaltung mit Norman Finkelstein in ihren Räumlichkeiten untersagt hatte, empörte sich der Falter (21/2009) über diesen angeblichen Verstoß gegen die "Redefreiheit". Für den Falter-Redakteur Stefan Apfl ist der "anerkannte[r] Historiker" Finkelstein zwar ein "Provokateur", jedoch sei es "höchst bedenklich", diesem keinen universitären Raum zur Verfügung zu stellen. Offenbar ohne sich mit den Ausfällen Finkelsteins näher auseinandergesetzt zu haben, behauptet Apfl, dass dieser nicht den Holocaust relativiere. Auch sonst verstoße Finkelstein nicht gegen das Verbotsgesetz – eine Rechtfertigung, die in letzter Zeit bezeichnenderweise dauernd aus dem Büro des Dritten Nationalratspräsidenten in Bezug auf dessen Mitarbeiter und Gäste zu hören war. Nun hält scheinbar auch der Falter jede Position für zulässig, die nicht juristisch geahndet wurde. Der Kommentar gipfelt in der Behauptung, dass nicht die politische Sensibilität und das demokratische Bewusstsein an den verantwortlichen Stellen, sondern die "politischen Positionen jüdischer Funktionäre Maßstab für die Redefreiheit an heimischen Universitäten" seien. Diese Sicht der jüdischen "Lobby" als große Macht teilt Apfl mit Finkelstein, den er eine Ausgabe später dann auch noch interviewt.

Dafür gebührt dem Falter jedoch Dank: Niemand, der sich links oder liberal und auf jeden Fall antiantisemitisch wähnt, kann sich nach diesem Interview noch zustimmend auf Finkelstein beziehen. Behauptet dieser doch, dass Israel den "Holocaust für seine mörderische Politik" ausnutzt, gemeinsam mit "jüdischen Organisationen" die armen Deutschen, Schweizer und Österreicher erpresst, die deutsche Bundeskanzlerin Merkel "wahnsinnig" sei, jeder, der über den Holocaust redet, ein "finanzielles oder politisches Interesse" habe, die Überlebenden endlich Ruhe geben sollen, Simon Wiesenthal ein "Gauner" sei, der "aus der Nazi-Jagd eine große Industrie für sich selbst gemacht" habe, Israel in Gaza, das ein "großes Konzentrationslager" sei, eine "Kristallnacht" veranstaltet habe. Derartig offener Antisemitismus ist schon lange nicht mehr außerhalb des organisierten Rechtsextremismus zu vernehmen gewesen. Aber wenigstens blamiert Finkelstein mit seiner Offenheit all diejenigen, die meinen, ihm müssten universitäre Räume zur Verfügung gestellt werden.


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